Das muss doch nicht sein.

Wie Ängste Kreise ziehen

Angst gehört zum Leben, wie das Bedürfnis zu Essen und zu Trinken. Evolutionär gesehen, würde es den Menschen ohne Ängste wahrscheinlich nicht mehr geben. Ein grenzenloses Maß an Überheblichkeit und Unvorsicht hätte das Überleben unserer Spezies im besten Fall erschwert und im schlimmsten Fall bedroht.  Angst erfüllt die evolutionäre Funkton, die Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit des Menschen zu steigern. Unter Furcht nehmen wir auch noch so leise Geräusche wahr, mit der Angst im Nacken laufen wir schneller und manchmal kommt es dazu, dass wir vor „Angst“ erstarren. Das letzte Mittel des Körpers, das Überleben durch „Totstellen“ zu sich sichern, da tierische Feinde häufig auf Bewegungen reagieren. 

Merke: Angst erfüllt eine evolutionäre Aufgabe und versetzt den Körper zunächst in eine erhöhte Alarmbereitschaft.

Angst kann aber dann krankhaft werden, wenn wir beginnen, dieses evolutionär-geprägte Gefühl zu vermeiden. Sehen wir uns das anhand eines konkreten Beispiels genauer an:

Frau D. leidet unter einer sozialen Phobie und befürchtet, sich in sozialen Situationen zu blamieren oder im Mittelpunkt zu stehen. Um dies zu vermeiden hat sie bereits die Möglichkeit einer Beförderung abgelehnt, da diese das routinemäßige Halten von Vorträgen vor Fachkollegen zum Inhalt gehabt hätte und zum Anderen nehme sie neben der Arbeit nur Freizeitaktivitäten wahr, die sie alleine machen könne. Zu groß sei die Angst, in Gruppenaktivitäten etwas falsch zu machen, oder aufzufallen. Zunehmend erlebe sich Frau D. antriebsschwach und lustlos, auch in Hinblick auf die Aktivitäten, die ihr sonst Spass gemacht haben (z. B., Fotografieren). 

Es ist offensichtlich, dass die Bemühungen, die unbeliebte Angst nicht zu spüren, zu beruflichen und privaten Einschränkungen geführt hat. Die Antriebsschwäche und Lustlosigkeit deuten sogar auf eine beginnende depressive Episode hin. Es ist, als wenn man mit dem Vermeiden unangenehmer Gefühle einen Stein ins Wasser wirft und dieser zieht immer weitere Kreise nach sich.   

Aber wieso tun wir uns das dann an? Die Antwort ist: kurzfristige Erleichterung. Die Gruppensituation zu vermeiden führt bei Frau D. direkt zu einem Abfall der Angstsymptome, schließlich muss Sie sich nicht mit der gefürchteten Situation konfrontieren. Es kostet Frau D. langfristig aber viel. Sie fühlt sich einsam und das Vertrauen in die eigenen sozialen Fertigkeiten geringer. Der süße Geschmack zeigt sich im Abgang eher bitter.

Das nächste Mal, dass Sie eine Situation vermeiden wollen fragen Sie sich was die Vermeidung „kostet“. Was ist das „Leid“ oder „das mögliche Folgeproblem“ der Vermeidung? Und wollen Sie das wirklich? Denn Vermeidungsleid entsteht einzig aus der Vermeidung heraus

…und das muss doch nicht sein.

Schreibe einen Kommentar